3 Monate in Tanzania

 Seit mittlerweile über drei Monaten bin ich in Tanzania. Das heißt aber auch, dass das erste Viertel meiner Zeit hier schon vorbei ist.

In den letzten Monaten ist so unglaublich viel passiert, dass es sehr schwer ist das alles in Worte zu fassen. Ich durfte sehr viel erleben, obwohl ich Hanga eigentlich kaum verlassen habe.

Vor mittlerweile über fünf Wochen waren wir auf einer "send-off-Feier" eingeladen. Das ist ein relativ typischer Teil der tansanischen Hochzeitsfeier, da ab diesem Tag die Braut in der Regel mit dem Mann zusammenlebt. Dabei war es sehr interessant mit anzusehen wie hier gefeiert wurde und wie viel Spaß alle Gäste hatten. Die Freude aller Menschen, aber besonders auch der Kinder war richtig ansteckend.



Auf Grund dieser Feierlichkeiten waren wir ein ganzes Wochenende lang in Songea. Am Sonntag sind wir dann noch ins Maji-maji-war-museum gegangen. Dort gibt es eine kleine Ausstellung zu einem der wohl bedeutendsten Aufstände gegen die deutsche Kolonialherrschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Ich fand es sehr interessant mehr über die deutsche Kolonialgeschichte zu lernen, da das in meinem Geschichtsunterricht ziemlich untergegangen ist. Ich würde mit sehr wünschen, dass auf diesen dramatischen Teil der deutschen Geschichte generell mehr aufmerksam gemacht werden würde. Tatsächlich bin ich mir nicht sicher, ob ich bevor ich nach Tansania gekommen bin überhaupt wusste, dass Tansania deutsche Kolonie war.

Karte von Deutsch-Ostafrika 


Anschließend gab es ein kleines Highlight: nach zwei Monaten in Tansania das erste Mal Pizza. Dabei wurde mir wieder bewusst wie dankbar man für, in Deutschland quasi alltägliche Dinge, sein kann, wenn man den dauerhaften Zugang dazu nicht hat.

Pizza 🍕


Doch abgesehen von diesem Ausflug habe ich die letze Zeit fast nur in Hanga verbracht. Doch selbst der Alltag hier wurde nicht langweilig.

Vormittags war ich meistens zuerst in der Vorschule und habe Mathe, Englisch, Kunst und "healthcare and environment" unterrichtet. Mir hat es total viel Spaß bereitet jeden Tag etwas anderes behandeln zu können. In meiner Anfangszeit im Kindergarten ist mir die Sprachbarriere sehr oft zum Verhängnis geworden, aber mit der Zeit haben die Schüler und ich uns gut auf eine Mischung aus Englisch und Swahili geeinigt.

Hier in Tansania lernen die Kinder schon relativ viel in der Vorschule. Sie können Plus- und Minusrechnen im Zahlenraum von 1-20.

 Außerdem lernen sie das Alphabet und auch die Buchstaben zu schreiben und zu lesen. Zudem gehören auch einfache Sätze und Wörter auf Englisch mit zum Unterricht. Am wohl wichtigsten finde ich aber das Fach "healthcare and environment". Hier lernen die Kinder auf der einen Seite wie man die Umwelt sauber macht, bzw. putzt. Auf der anderen Seite lernen sie aber auch über Körperhygiene und am aller wichtigsten lernen sie über Lebensmittel und worauf man dabei achten muss. Dazu gehört es eben auch nur abgekochtes Wasser zu trinken und Lebensmittel mit sauberem Wasser zu waschen oder zu kochen.

Matheunterricht: heute Zahlenwörter

Abschlussprüfung in der Vorschule im Fach Kunst 


Außerdem habe ich vor ca. 3 Wochen auch noch angefangen in der Krankenhausapotheke des Health Centers zu arbeiten. Meistens war ich dann also nach dem Kindergarten bis zum Mittagessen noch in der Apotheke. Dort sortiere ich oft Akten, kontrolliere Listen oder wir digitalisieren einige Sachen mithilfe von Excel. Ich finde es immernoch etwas komisch, dass hier doch fast alles ohne Computer geht. In Deutschland wird in einem Krankenhaus ja quasi alles digital bearbeitet und gespeichert. Hier geht das alles auf Papier, was anschließend ganz old-school in Ordnern abgeheftet wird.

Patientenakte im Healthcenter 


Am Nachmittag bin ich normalerweise in einer Schule für Jungs und unterrichte dort Musik. Auch wenn es mir am Anfang noch total komisch vorkam Gitarre und Theorie zu unterrichten, habe ich mittlerweile viel Spaß daran. Mein persönliches Highlight im Unterricht der letzten Wochen war, als auf einmal alle Schüler der Form I (erste Klasse der weiterführenden Schule) verstanden haben, wie Notenwerte funktionieren.

Außerdem war es total cool mit den älteren Schülern zusammen zwei Gitarren zu reparieren bzw. Teile verschiedener Gitarren zu zwei funktionierenden Gitarren zusammenzubasteln. Dabei muss man schon auch die Kreativität der Schüler bewundern. Wenn der Gitarrenwirbel gebrochen ist, dann wird eben eine Gabel zum Werkzeug zum Gitarre stimmen. Oder irgendein Metallstab wird so verbogen, dass man damit die Teile befestigen kann. Und außerdem kann man mit ein bisschen Holzleim nicht nur Gitarren, sondern auch Geigen und Schuhe kleben.

Fünf Menschen und eine Gabel stimmen eine Gitarre :))


Doch tatsächlich war die Anzahl ganz normaler Arbeitstage in den letzten Wochen ziemlich gering. Zuerst mussten die Schüler für ihre Exams lernen, dann hatten die Schüler Exams und hatten deswegen kaum Zeit für den Musikunterricht. Nach den Exams war dann die ganze Schule darauf aus, alles für die Graduation/Abschlussfeier vorzubereiten. Deswegen war auch dann normaler Unterricht nur begrenzt möglich, aber irgendwie war doch immer etwas zu tun. Neben Proben für die Graduation haben wir uns darum gekümmert, dass die Graduates jeweils eine vollständige Geige und einige Noten zum Mitnehmen haben.

Und dann kam tatsächlich der Tag der Graduation. Es gab zuerst einen sehr schönen Gottesdienst, wobei tatsächlich Messe gefeiert wurde. Die Jungs hatten richtig Spaß am Gottesdienst. In der Predigt hat der Pfarrer den Schülern noch mit auf den Weg gegeben, wie wichtig Ehrlichkeit ist und auch, dass mit Vertrauen in Gott alle Dinge gut sein werden.

In der Predigt

Nach dem Gottesdienst war dann die tatsächliche Feier. Es gab einige Reden, doch auch ganz viele Performances von den Schülern. Es wurde getanzt, gesungen, Texte vorgetragen und natürlich auch auf den Instrumenten gespielt. Auf der einen Seite haben die Graduates selbst Dinge aufgeführt, doch auch die jüngeren Schüler haben zur Feier des besonderen Tages getanzt und musiziert. Am Ende gab es dann noch Zertifikate für alle Form IVs. Dabei haben sie sich wirklich alle so sehr gefreut. Diese Freude hat sehr ansteckend gewirkt. Es war so schön mitanzusehen, wie die Schüler sich bzw. ihre Mitschüler feiern.


Ein Großteil der Graduates aus dem Musicclub nach ihrem Auftritt an der Graduation

Im Anschluss an die Feier, gab es Essen. Wie es hier typisch ist an Festtagen eine relativ große Auswahl. Doch beendet war der besonderer Tag damit noch nicht. Zuerst musste etwas aufgeräumt werden, doch danach gab es für alle Schüler noch eine Party in der Halle. Alles in allem war die Graduation sicher eines meines Highlights bis jetzt.

Doch wenige Tage später hieß es dann Abschied nehmen und "Safari njema", "Gute Reise" wünschen. Die Form IVs, die uns beim Einstieg hier in Hanga sehr weitergeholfen haben, sind alle nach Hause gefahren. Sie haben jetzt relativ lange Ferien, wobei viele diese Ferien nutzen um den Führerschein oder einen Computer-Kurs zu machen. Im Sommer oder spätestens Herbst geht es für die Jungs dann weiter. Entweder können sie am College eine Art Berufsausbildung machen oder in der Highschool ihre A-Levels schreiben. Für uns war es erstmal etwas komisch keine Live-Übersetzung mehr zu bekommen, jetzt wo die Form IVs nicht mehr da waren. Doch sehr schnell haben wir auch wieder andere Schüler gefunden, denen wir fragen können, wenn wir etwas nicht verstehen.

Großes Dankeschön an die Form IVs 

Die anderen Schüler waren noch einige Zeit da, als die Graduates schon gegangen waren und haben Feldarbeit erledigt. Doch mittlerweile sind tatsächlich alle Schüler in ihre wohlverdienten Ferien gegangen. Wobei alle das falsche Wort ist, ein paar Schüler müssen bleiben und den kommenden Form Is bei ihrem Ankommen in Hanga nächste Woche helfen.

Da aber auch wiederum nicht genügend Schüler zum unterrichten da sind, heißt es für uns diese Woche aufräumen, sortieren, Noten kleben, kopieren und drucken. Alles Dinge, die nunmal auch zu unserer Arbeit mit dazu gehören.

Ich schwöre, da gibt es eine Ordnung im Chaos
😂

Ich würde sagen, dass ich mich jetzt nach 3 Monaten wirklich in meine Arbeit eingefunden habe und ich mir hier einen Alltag aufgebaut habe. Auch sprachlich kann ich mich mittlerweile zumindest verständigen. Von "ich spreche fließend Swahili" bin ich zwar noch Kilometer weit weg, aber für die wirklich notwendigen Konversationen reicht das Swahili mittlerweile. Außerdem weiß ich wo ich in Hanga was finde und muss nicht mehr eine Stunde durch Hanga irren nur um Kekse zu kaufen oder zur Schneiderin zur gehen. Ich bin sehr gespannt darauf, was die nächsten Monate noch so bringen. Ich freue mich noch mehr erfahren und lernen zu können und alles was ich hier tue als meinen Alltag bezeichnen zu können. Ich bin dankbar so viele tolle Menschen bis jetzt schon kennengelernt zu haben und bin gespannt wer mir hier noch begegnet. Ich bin glücklich so viele unvergessliche Erfahrungen schon gesammelt zu haben, doch freue ich mich mindestens genauso sehr auf all die Erfahrung die noch vor mir liegen.

Auf Msalaba mkuu (einem Hügel in der Nähe) mit ein paar anderen Freiwilligen, die hier in Hanga sind 


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